Land in Sicht

Die Tanzwerkstatt Karlsruhe erobert die Bühne

Juni 2019. Eine illustre Bootsbesatzung ist auf der Flucht. Wissenschaftler, Künstler, Militär, sie alle eint ein Ziel: eine einsame Insel, auf der sie ungestört vom Rest der Welt leben wollen.

Ein Jahr lang haben die jungen Tänzer der Tanzwerkstatt Karlsruhe an der Choreografie des Stücks gefeilt. Am 7. Juni war es schließlich soweit: „Land in Sicht“ wurde im Crystal Ballroom in Karlsruhe-Neureut uraufgeführt. Mit im Boot: Choreografinnen, ein Regisseur und ein Filmteam, die mit ihrem Knowhow und ihrem Einfühlungsvermögen die jungen Protagonisten zu ihrem Bühnenerfolg brachten.

Mit großer Ausdauer und beispiellosem Motivationstalent haben Erika Hoppe und Giulia Congedo von der Tanzschule XTRA DANCE ein Jahr lange jede Woche mit den Jugendlichen trainiert. Die Gruppe, bestehend aus Laien-Tänzern mit und ohne Behinderung, fand durch ein Casting zusammen. Die Projektleitung hat Josef Held von Reha-Südwest, Aktion Mensch finanziert das inklusive Projekt.

Den Inhalt des Stücks haben die Jugendlichen gemeinsam mit Jürgen Sihler erarbeitet. Für die einzelnen Szenen haben sie ihre Wünsche und Sehnsüchte formuliert. Der Theaterpädagoge hat ihre Aussagen und Gedanken übersetzt in eine Choreografie, bei der jeder der Tänzer einmal die Hauptrolle spielt.

Für das Wechselspiel aus gemeinsamen Formationen und individuellen Solo-Einlagen erhielten die dreizehn Akteure donnernden Applaus. Für die Aufführung waren rund 120 Zuschauer gekommen.

Nach diesem Erfolg ist das Projekt noch nicht ganz beendet. Dokumentarfilm und Videoclip gehen in die Postproduktion und werden natürlich von allen Beteiligten heiß erwartet.

Kamera läuft!

Eine Gruppe Tänzer liegt auf dem Boden und streckt die Füße in die Luft. Eine Tänzerin in einem blauen Kleid steht in der Mitte und hebt einen Arm in die Höhe.

Juni 2019. Ein Schiff ist auf dem Ozean unterwegs. Der Meeresspiegel ist stark gestiegen, Plastik treibt in den Wellen. So das Zukunfts-Szenario, mit dem sich die dreizehn jungen Tänzer vor die Kamera wagen, um einen Videoclip zu drehen.

„Es geht los. Kamera läuft. Schauspieler, seid ihr soweit?“

Dreizehn Daumen recken sich in die Höhe: „Yessss!“

Meeresrauschen wird eingespielt. Der Scheinwerfer leuchtet blau. Ein einsamer Darsteller läuft durch die Wellen am Boden, watet am Strand herum, sucht etwas. Hat er vielleicht Schiffbruch erlitten?

„Stopp. Sehr gut im Timing“,

sagt Jürgen Sihler. Mit dem Medien- und Theaterpädagogen haben die Jugendlichen die Szenen erarbeitet.  Aber die Kameraleute sind noch nicht zufrieden. Also das Ganze nochmal von vorn.

Immer wieder wird die Strand-Szene gedreht. Die Jungen und Mädchen der Tanzwerkstatt Karlsruhe sind geduldig und konzentriert bei der Sache. Für den Videodreh haben sie extra schulfrei bekommen.

Das Stück haben die Jugendlichen gemeinsam mit Jürgen Sihler erarbeitet. Für die einzelnen Szenen haben sie ihre Wünsche und Sehnsüchte formuliert. Der Theaterpädagoge hat ihre Aussagen und Gedanken übersetzt in eine Choreografie, bei der jeder der Tänzer einmal die Hauptrolle spielt.

Über die Leidenschaft vom Tanzen

Ein Junge und ein Mädchen tanzen in einem Trainingsraum.

August 2018. „Mir gefällt, dass wir nach Gefühl tanzen“, sagt Valerie. „Ich mag, dass das Tanzen so frei ist“, sagt Zeynep.

Valerie hat mal einen Salsa-Kurs belegt, Zeynep bekam Unterricht in Hip-Hop. So unterschiedlich die beiden sind, eins eint sie: ihre Leidenschaft fürs Tanzen.

Valerie und Zeynep sind zwei der 14 Teilnehmer der Tanzwerkstatt der Reha-Südwest. Start des Projekts war im März 2018 in der Tanzschule Xtra Dance, in einer kleinen Baracke in der Karlsruher Nordstadt.

„Das Ziel der Tanzwerkstatt ist es, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit bereits bestehenden kulturellen Angeboten in Kontakt zu bringen“, sagt Projektleiter der Reha-Südwest Josef Held. „Mit diesem inklusiven Projekt stärkt Reha-Südwest die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an der Stadtgesellschaft.“

Erika Hoppe, die auch Choreografin am Badischen Staatstheater ist, und Giulia Congedo, Sozialpädagogin mit viel Tanzerfahrung, sind die beiden Leiterinnen.

„Die Gruppe ist immer voll motiviert“, zeigt sich Hoppe von den jungen Tänzern beeindruckt. Allen macht Tanzen großen Spaß. Jeder von ihnen will ein Tanz-Held, ein Star sein.

Zu Hause tanzen sie zu ihren Idolen Britney Spears, Michael Jackson, Ed Sheeran, und sie lieben Tanzfilme wie Street Dance.

Parallel zum Training entsteht ein Musikvideo. Zwei Kameraleute und ein Regisseur besuchen regelmäßig den Tanzkurs, um die Fortschritte zu dokumentieren und ein Drehbuch für die Gruppe zu schreiben. Gemeinsam mit den Tänzern haben sie im Lauf eines Jahres an der Story gefeilt, die zu ihnen passt und die ihre Geschichte erzählt: ihre Leidenschaft fürs Tanzen.